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Versicherungsschaden - Neu für Alt

Eine Unachtsamkeit und schon kracht es. Ein Verkehrsunfall ist schnell passiert. Wohl dem, der dabei nur einen Sachschaden erleidet beziehungsweise verursacht. Dafür haben wir ja unsere vielfältigen Versicherungsangebote. Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko, Insassenzusatzversicherung, Glas- und Wild-Versicherung, Fahrerschutz, Auslandsschutz, Mallorca-Police, Schutzbrief und vieles mehr.

 

Man sollte der Meinung sein, alle möglichen Fälle sind damit abgedeckt und im Schadenfall ist alles klar geregelt, sobald die Schuldfrage geklärt ist. Doch immer öfter sollen Gerichte entscheiden, welche Schäden von den Versicherungen übernommen werden und wo es eventuell Einschränkungen gibt, die dann der Schadenverursacher von seiner Versicherung nicht erstattet bekommt. In solchen Fällen müssen dann Sachverständige die Faktenlage durchleuchten und in Form von Gutachten den Richterinnen und Richtern bei der Urteilsfindung unter die Arme greifen.

 

Doch welche Unklarheiten bestehen, dass im Grunde eindeutig geklärte Unfallhergänge mit entsprechendem Versicherungsschutz vor Gericht landen?

 

NEU FÜR ALT, so lautet die Zauberformel der Versicherer. Ein Schaden wird anerkannt, doch die entstandenen Kosten für die Schadensbeseitigung werden nicht komplett übernommen. Der Eigentümer des beschädigten Gutes darf laut Gesetz durch die Wiederherstellung nicht bessergestellt werden, als wenn der Schaden nicht eingetreten wäre. Es ist somit der technische Zeitwert zu ermitteln, der sich aus der Differenz zwischen „Alt“ und „Neu“ unter Berücksichtigung von Alter und Gebrauch ergibt. Wird schuldhaft Verkehrsinfrastruktur oder technische Verkehrsausrüstung beschädigt, so stellt sich die Frage, wie lange hätte diese ihre volle Funktion erfüllt. Also um welchen Zeitraum verlängert sich die Lebenszeit dieses beschädigten Gutes, wenn es in Folge eines Unfalles erneuert wird. Im Grund eine klare Herangehensweise, die aber wie bereits erwähnt, nicht selten ihre Klärung vor Gericht sucht. Dabei ist zum einen festzustellen, wie die Lebensdauer einer technischen Einrichtung ermittelt wird. Wie lange erfüllt ein Verkehrsschild seinen Dienst? Wann müssen Autobahnwegweiser erneuert werden? Hält ein Wechselverkehrszeichen in einem Tunnel ewig? 

 

Hier lässt der Gesetzgeber leider viel Interpretationsspielraum. Es bestehen zwar Prüfvorgaben, die die Funktion einer technischen Ausrüstung im Straßenverkehr gewährleisten soll, doch vorgegebene Austauschzyklen lassen sich nicht finden. Somit ist die Ermittlung einer theoretischen Lebensdauer oft schwierig. Mastfundamente haben eine theoretische Lebensdauer von 100 Jahren, die darauf befindlichen Gabelständer aus verzinktem Stahl laut DIN-Norm 75 Jahre. Der am Gabelständer befestigte Wegweiser ist regelmäßig anhand der visuellen Kontrolle und im Bedarfsfall mittels Bewertung lichttechnischer Kennwerte auf seine Auffälligkeit, Erkennbarkeit und Lesbarkeit hin zu überprüfen. Wann ein Bedarfsfall besteht ist unklar. Eine Autobahn in Deutschland wird im Schnitt alle 30 Jahre erneuert. Dabei werden neben der Fahrbahn auch die installierte technische Ausrüstung erneuert, da deren Austausch im Betrieb wesentlich höhere Kosten verursachen würde als im Rahmen einer Kompletterneuerung.

 

Daraus ergibt sich ein weiterer Diskussionspunkt. Selbst wenn Einigkeit darüber besteht, wie lange ein beschädigtes Objekt durch dessen Erneuerung nun zusätzlich in Betrieb bleiben kann ist fraglich, welchen Mehrwert dadurch der Eigentümer erfährt, der dann laut Vorstellung der Versicherer in Abzug gebracht werden muss. Wenn der erneuerte Gegenstand Teil eines größeren Systems ist, das regelmäßig aktualisiert wird oder auch werden muss, so kann es sein, dass trotz der kürzeren Betriebsdauer auch dieser neuere Teil mit getauscht werden muss. Ursache hierfür können neue Technologien sein, die einen Weiterbetrieb alter Systeme (als Mischbetrieb) nicht unterstützen. Auch kann aus Obsoleszenzgründen ein Betrieb nicht aufrechterhalten werden, weil benötigte Ersatzteile nicht mehr beschaffbar sind und einen Gesamtaustausch notwendig machen.

 

Wie kann in solchen Fällen ein Zeitwertabzug ermittelt werden?

 

Klarere Vorgaben des Gesetzgebers, wie im Falle von schuldhafter Beschädigungen von technischer Ausrüstung im Straßenverkehr umzugehen ist, würde wohl eine Vielzahl von Gerichtsverfahren vermeiden. Welcher in Ansatz zu bringende Mehrwert entsteht dem Betreiber, wenn ein beschädigtes Verkehrsschild, für das es keine Vorschriften bezüglich zyklischen Austausches gibt, durch ein neues ersetzt wird? Welche Auswirkungen hat die fehlende Regulierung in diesem Bereich bei zunehmender Privatisierung der Netzinfrastruktur Straße?

 

Viele offene Fragen, die aktuell und wohl auch in Zukunft Gerichte beschäftigen und Steuergelder kosten werden.

 

 

Quelle des Bildes: www.stock.adobe.com