Mobilität steht für Beweglichkeit und Ortsveränderung; gleichzeitig ist sie selbst ständigen Veränderungen ausgesetzt. Treiber des Mobilitätswandels sind vor allem Anforderungen und Herausforderungen aus Umweltschutz, Demografie und Politik. Außerdem machen innovative Technologien eine erweiterte Kommunikation und Vernetzung aber auch neue Geschäftsmodelle im Verkehrssektor möglich.
Insbesondere die Digitalisierung und die Elektromobilität sorgen aktuell für einen großen Innovationsschub im Verkehrswesen. TSC begleitet diese Entwicklung aktiv auf mehreren Ebenen.
Als Mitglied des ITS Germany e.V. leistet TSC seinen Beitrag insbesondere auf dem Gebiet der Verkehrstelematik mit den Schwerpunkten Verkehrsleitsysteme, Netzsteuerungen, Verkehrsdatenerfassung, Parkleitsysteme und Infrastruktur für vernetztes, autonomes und automatisiertes Fahren (C-ITS-Infrastruktur).
Im Projekt CITRAM ging es darum, durch Bürgerbeteiligung (Citizen Science) einerseits Informationen über die tatsächliche Qualität der Lichtsignalsteuerung und anderer Einflüsse auf wichtigen Straßenzügen in der Stadt zu erhalten, um gezielt Verbesserungen erreichen zu können.
Andererseits sollten Autofahrer während der Fahrt durch die Stadt darüber informiert werden, wie sie möglichst ohne Stopps die Grünen Wellen befahren können. Das spart Sprit und damit CO2-Emissionen, verbessert den Verkehrsablauf an den Lichtsignalanlagen und hilft nicht zuletzt, dass das Autofahren entspannter wird. Auch für Elektrofahrzeuge wurde dieser Service angeboten.
Das Forschungsprojekt beruhte auf der freiwilligen Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.
Ein Forschungsprojekt gefördert vom BMVI im Rahmen des mFund Förderprogramms
Im Projekt wurde untersucht, wie Informationen über das städtische Verkehrsgeschehen dauerhaft von Bürgerinnen und Bürgern generiert werden können, die den motorisierten Verkehr im
Wesentlichen ausmachen. (Citizen Science)
Zur Gewinnung von sogenannten Floating Car Daten (FCD) kamen zwei Smartphone Anwendungen zum Einsatz, die von den Projektpartnern 52° North und The Urban Software Institute entwickelt wurden:
die App enviroCar der gleichnamigen Citizen Science-Plattform und der prototypische Ampelphasenassistenten Ecomat.
Durch TSC sind im Projekt die Qualitätsanalyse-Dienste (QAD) entwickelt worden, um FCD in kurzen Zeitintervallen entlang des Hauptstraßennetzes zusammenzufassen, zu analysieren
und als verschiedene verkehrstechnische Kenngrößen sowie Daten zur Steuerungsqualität der LSA, zur Güte der Grünen Wellen, zu Hotspots des Energieverbrauchs und zu Fahrzeugemissionen dem
städtischen Verkehrsmanagement zur Verfügung zu stellen.
Zudem wurde durch TSC im Projekt ein Organisationshandbuch zur Rekrutierung und Aufrechterhaltung von Freiwilligenflotten entwickelt.
Folgende drei Dienste/QAD wurden entwickelt:
QAD 1 Qualität der Lichtsignalsteuerung an Knotenpunkten |
QAD 2 Kenngrößen der Netzbefahrung und Koordinierungsqualität auf Grünen Wellen |
QAD 3 Hotspotanalyse zum Energie- und Kraftstoffverbrauch |
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Der QAD 1 für LSA definiert die Qualität der Lichtsignalanlagen an Knoten anhand der mittleren Wartezeit. Die verkehrstechnische Berechnung und Unterteilung in Qualitätsstufen basiert auf dem Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen. Es werden 6 Qualitätsstufen unterschieden von A (sehr kurze/keine Wartezeit) bis F (Verkehrsstärke übersteigt Kapazität). |
Der QAD 2 liefert Kenngrößen zur Netzbefahrung. Zu diesen Kenngrößen gehören die tatsächlichen Reisegeschwindigkeiten und Reisezeiten auf Streckenabschnitten, die Wartezeiten und
Anzahl der Halte vor Lichtsignalanlagen. Zudem beschreibt der QAD 2 die Qualität von Grünen Wellen im Hauptstraßennetz auf Grundlage verkehrstechnischer Methoden des HBS. |
Die Berechnung der Hotspots zum Energie-/Kraftstoffverbrauch ist vom Partner 52° North GmbH durchgeführt worden. Die Analyseergebnisse werden zur Kartendarstellung an die Plattform
von TSC übergeben. |
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Die QAD basieren auf in Echtzeit ausgewerteten Fahrzeugdaten (sogenannte Floating Car Daten, FCD) verknüpft mit umwelttechnischen Daten der Motorsteuerung (mittels On Board Diagnose
(OBD)-Adapter erfasst). Die Daten stellen somit das real beobachtete Verkehrsgeschehen dar.
Engagierte Bürgerinnen und Bürger wurden in CITRAM aufgerufen, als Freiwilige teilzunehmen. In den drei Städten Chemnitz, Hamm und Krefeld haben zwischen Juni und August 2020 (jeweils 8
Wochen) Fahrten mit PKW stattgefunden.
Die QAD wurden den beteiligten Kommunen auf MVUP.online digital, als Oberfläche mit Recherchefunktion und mit der Möglichkeit zur Selbstauskunft, bereitgestellt. Die folgenden
Abbildungen zeigen exemplarische Auswertungsmasken.
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Exemplarische Auswertung des QAD 2 in Krefeld (verkehrstechnische Kennziffer: Anteil der Durchfahrten in Prozent |
Die Alfredstraße gehört mit zu den verkehrlich am stärksten belasteten Strecken in Essen und die gesetzlichen Luftschadstoffgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) wurden hier in der Vergangenheit regelmäßig überschritten.
Im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet West – Essen wurde die Projektidee einer „Umweltsensitiven Verkehrssteuerung“ auf der Alfredstraße entwickelt. Dieses Projekt war Gegenstand eines in 2019 vereinbarten gerichtlichen Vergleichs der Deutschen Umwelthilfe mit dem Land NRW und der Stadt Essen, in dessen Auflagenkatalog die Umweltsteuerung Alfredstraße als erforderliche Maßnahme aufgenommen wurde.
Ziel der Umweltsensitiven Verkehrssteuerung war es, in dem im gerichtlichen Vergleich definierten, einjährigen Vergleichszeitraum (01.07.2020 bis
30.06.2021) nachweislich eine Minderung der Stickstoffdioxidbelastungen in der Alfredstraße mit Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zu erreichen und dies dauerhaft abzusichern. Im
Vergleichszeitraum lag die Schadstoffbelastung unter dem zulässigen Grenzwert, so dass ein Diesel-Fahrverbot abgewendet werden konnte.
Das Büro TSC Beratende Ingenieure für Verkehrswesen in Essen war im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit der Aufgabe betraut, die fachliche Leitung des Projektes und die Verantwortung beim Aufbau der Umweltsensitiven Verkehrssteuerung Alfredstraße zu übernehmen.
Die Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße konnte im Jahr 2020 auf Basis umfangreicher, methodisch fundierter Untersuchungen durch TSC mit den erforderlichen technischen
Komponenten erfolgreich realisiert werden.
Insbesondere ist es gelungen, die nichtlinearen Zusammenhänge von Verkehr, Umwelt und Meteorologie in einem Modell mit Hilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen
Lernens (Machine Learning) abzubilden.
Es konnte ein Steuerungsinstrument geschaffen werden, das es dem Amt für Straßen und Verkehr der Stadt Essen erlaubt, zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte situationsgerecht Maßnahmen zu
ergreifen und somit die Beeinflussung des Verkehrs und mögliche Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer*innen auf ein bedarfsgerechtes und kleinstmögliches Maß zu begrenzen.
Ergebnisse des Projektes wurden an verschiedenen Stellen der Öffentlichkeit präsentiert, u.a. am 25.03.2021 in Bergisch Gladbach beim „Kolloquium Luftqualität an Straßen 2021“ der
Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV).
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Modell zum Regelkreis der umweltsensitiven Verkehrssteuerung in der Alfredstraße |
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Beispiele für Dashboards auf der Onlineplattform MVUP.online im Projekt Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße |
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Training, Test und Prognose des entwickelten NO2-Prognosemodells und exemplarische Einflussfaktoren |
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt verfügt über eine sehr leistungsfähige Infrastruktur zur Steuerung des Verkehrs. Diese besteht unter anderem aus einem echtzeitfähigen Verkehrsleitrechner, einem LWL-Netz zur Anbindung von Lichtsignalanlagen und weiteren Detektoren an den Verkehrsleitrechner sowie einem Netz an Umweltsensoren. Ein erweitertes Sensornetz zur Ermittlung der exakten Verkehrsströme an allen Ein-/ und Ausfahrstraßen in nahezu Echtzeit ist ergänzend geplant.
Auf der Basis dieser Infrastruktur betreibt die Wissenschaftsstadt Darmstadt den Aufbau eines analytischen Systems – DAnalytics – mit enger Verzahnung mit dem Verkehrsleitrechner. Auf diese Weise werden die Grundvoraussetzungen für ein umweltsensitives und ereignisorientiertes Verkehrsmanagement (UVM) geschaffen.
Als Nachauftragnehmer der Benz + Walter GmbH verantwortet TSC die technischen Ausschreibungen für die Komponenten Sensornetz zur Reisezeitbestimmung, Umweltsensitive Ereignissteuerung, Erweiterung Umweltsensornetz und Schutz kritischer Infrastruktur. Leistungsinhalt sind jeweils die Vorbereitung der Vergabe und das Mitwirken bei der Vergabe dieser Komponenten.
TSC ist zudem inhaltlich für den Aufbau, die Konzeption und den Betrieb des Umweltsensornetzes verantwortlich und wird den Aufbau des Datenqualitätsmanagements hierfür leiten. Auf Grund der umfangreichen Erfahrungen im Aufbau mit komplexen umweltsensitiven Verkehrssteuerungen und Datenplattformen berät TSC darüber hinaus kontinuierlich während des Bearbeitungsprozesses des analytischen Systems – DAnalytics und seiner technischen Komponenten.
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Konzept zur Umsetzung von DAnalytics (Mit freundlicher Genehmigung von Benz+Walter) |
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System Umweltsensorik: Komponentenübersicht und Schnittstellen (vorläufiger Stand) |